Alles fürs Team!
Eltern sein. Das klingt wahnsinnig erwachsen. Ist es vielleicht auch. Nie zuvor musste ich mir intensiv Gedanken darüber machen, ob meine Handlungen direkte Auswirkungen auf die Verhaltensweisen meiner Nächsten haben könnte. Heute ist das anders. Jede unbedachte Handlung, jedes Fehlen von Rücksichtnahme, jeder Moment der Gier und jeder Schritt in die falsche Richtung wird vom eigenen Nachwuchs beobachtet und nachgeahmt.
Eltern sein. Das bedeutet, zwei mal zu überlegen, ob man jetzt auf sein Handy guckt, nur um 10 Minuten lang die Kicker App, Mails oder Whatsapp Nachrichten zu studieren. Das ist eine Herausforderung für jeden, der über solche alltäglichen Dinge sonst nicht lange nachgedacht hat.
Eltern sein, heißt aber auch oft „einfach machen!“. Impulsen nachgeben und das innere Kind rauslassen. Für mich war es schwer die eigene Ordnung abzulegen, Duplo-Steine nicht passend aufeinander zu stecken, nicht über den Rand zu malen und alles dort liegen zu lassen, wo man es als letztes benutzt hat. Dieses Chaos ist für unsere Kinder ganz normal und wichtig. Dass ein Haus aus Duplo-Steinen aussieht wie ein Haus, dass das Pferd aus dem Tier-Malbuch penibel ausgemalt wurde oder die Holz-Eisenbahn nach dem letzten mal „Tschuu tschuuuut“ wieder abgebaut und weggeräumt wird ist das Gegenteil. Einfach nicht wichtig!
Eltern sein. Das geht am besten zu zweit. Egal wie viele Kinder man hat. Früher oder später testen sie ihre Grenzen aus. Das kann wirklich anstrengend sein. Und das kann auch eine ganze Menge Nerven kosten. Sich in so einer Zeit auf seinen Partner verlassen zu können. Ihm hin und wieder die Möglichkeit zu geben sich zurück zu ziehen ist pures Gold wert. Anne und ich haben einen Leitspruch (Leid-Spruch wäre hier auch passend): „Alles fürs Team!“
Wann immer es mal wieder schwierig wird sich zu beherrschen, seine eigenen Bedürfnisse (vor allem nach Schlaf) zurückzustellen oder die eigene Energie sich dem Nullpunkt nähert, ist es für uns zur Gewohnheit geworden diesen Leitspruch vor sich hin zu murmeln oder ihn vor (nicht vorhandener) Energie sprühend dem anderen zu zurufen. Das klingt albern. Ist aber, wie das Zulassen von Chaos; wichtig!
Aber was meinen wir mit „Alles fürs Team“? Anne und ich haben uns kurz vor der Geburt von Luna etwas geschworen. Ich meine jetzt nicht diese Sache mit dem „bis dass der Tod euch scheidet“, sondern dass wir immer das Team sein werden. Egal wie sehr uns unsere Kinder gerne auf ihre Seite ziehen würden. Wir treffen gemeinsam wichtige Entscheidungen und besprechen Ausnahmen, die die Eigenheiten unserer Kinder prägen könnten. Das betrifft aktuell vor allem die Themen, Zucker/Süßigkeiten, Fernsehen und Spielzeuge/Geschenke. Hätten wir hierbei nicht die Vereinbarung, dass wir Entscheidungen als Team treffen, hätte Luna uns sicher schon mehrfach gegeneinander ausgespielt.
„Alles fürs Team“ bedeutet auch, sich gemeinsam zurückzunehmen. Anne und ich lieben uns und das beweisen, sagen und zeigen wir uns gegenseitig täglich. Aber aktuell sind wir in erster Linie Eltern und tun alles für unser großes Team; die Familie. Dass Eltern sein auch Entbehrungen bedeutet, wenn es um das Dasein als Paar geht, war uns bewusst. Die Intensität der Aufmerksamkeit, die wir unseren Kindern erlauben von uns wegzunehmen, wiederum hat sich erst einpendeln müssen. Ich halte uns für ein wahnsinnig starkes Paar. Und ein super eingespieltes und harmonisches Team. Nicht jede Partnerschaft könnte ihren Kindern so viel Freiraum gewähren. Auf der anderen Seite gibt es sicher auch Partnerschaften, bei denen man überhaupt keinen Leitspruch bräuchte.
Ich bin sehr dankbar dafür, wie wir es schaffen Eltern zu sein, uns nicht aus den Augen zu verlieren, für einander da zu sein und ein Team zu bleiben. Unsere Kinder können nichts dafür, dass sie die Welt noch nicht kennen. Dass sie erst lernen müssen, wie man schläft oder dass man leise sein muss, damit es andere tun können. Vor allem ist es nicht ihre Schuld, wenn ihnen etwas misslingt, was für uns ganz selbstverständlich ist und wir uns dann darum kümmern müssen, dieses Missgeschick aus der Welt zu räumen (im wahrsten Sinne des Wortes). Das darf man nicht vergessen, wenn man wieder am Rand steht und nicht weiß woher man die Geduld nehmen soll, die der Augenblick benötigt.
„Alles fürs Team“ murmeln und die eigene Ordnung zur Seite schieben. Das ist unsere Version des „Aufstehen, Krone richten, weitermachen“.