Groß, stark und völlig hilflos
Mit 1,90m Körpergröße und (je nach evolutionärer Gunst) mal mehr und mal weniger als 100kg Körpergewicht bin ich wirklich das Gegenteil von klein und schmächtig. Doch auch wenn eine robuste Physis in vielen Lebenslagen sehr hilfreich ist, in den ersten Monaten mit einem Baby half sie mir leider nicht. Als ich Anne mitteilte, über welches Thema ich heute schreiben wollte lachte sie amüsiert und gab eine Anekdote zum besten. „Ich weiß noch, als ich das erste Mal beim Rückbildungskurs war. Du warst mit Luna alleine zuhause. Da war sie so fünf Monate alt.“ Ich erinnerte mich wage. Eine Mischung aus Baby-Geschrei, nackter Panik und Verzweiflung zog an meinem inneren Auge vorbei. Ich lächelte etwas peinlich berührt. „Als ich nach hause kam, standest du schweißgebadet im Flur mit der beinahe hyperventilierenden Luna auf dem Arm und meintest ‚Wie schaffst du es nur nebenbei auch noch Dinge zu erledigen!?“ fuhr Anne fort. „Erinnerst du dich noch?“
Und wie ich mich noch daran erinnere! Das war der Tag an dem ich begann einen tiefen Respekt für Annes, fast beiläufig wirkende, Bewältigung des Alltags mit Kind zu empfinden. Sie hatte mich zwei Stunden mit Luna alleine gelassen und die reichten, um mich von dem kleinen Knirps an den Rand meiner Leistungsfähigkeit treiben zu lassen. Ich hatte vor Luna keinen Schimmer, welchen nervenaufreibenden Effekt das verzweifelte Schreien eines Säuglings haben kann.
Malin kann das auch sehr gut. Oft passe ich auf sie auf, wenn Anne Luna ins Bett bringt. Jedoch muss ich sie dann häufig zu Anne bringen, da ich sie nicht mehr beruhigt bekomme. Es gibt einfach Momente in denen weder Luna, noch Malin meine Bemühungen, ihnen dabei zu helfen ihren Gemütszustand wieder ins fröhliche zu wandeln, interessieren. Das einzige Mittel, das dann nur noch helfen kann ist ihre Mama. Und sogar die soll (der Legende nach) hin und wieder ihre liebe Mühe haben.
Obwohl Luna und Malin beides Stillkinder sind, glaube ich dass ich selbst mit der Möglichkeit ihnen in Schreikrampf-Situationen Milch geben zu können, keine Chance hätte. Dafür biete ich einfach nicht. genug mütterliche Ruhe und Geborgenheit, Zum Glück! Denn wenn es darum geht Luna (und später sicherlich auch Malin) vor dem schrecklichen Schicksal abgefallener Füße durch zu viel Bewegung zu retten, sind meine Breiten Schultern als Transportmittel zur Stelle.