Geschichten eines Papas


SINGLE
Luna: 2 ¾ J. Malin: 3 M.

Zwei Mädchen

Als ich erfuhr, dass Luna ein Mädchen wird, war ich trotz der ersten Vermutung der Frauenärztin, dass sie ein Junge sei froh. Zwar hatte ich bereits eine „Father to son“ Playlist auf Spotify eingerichtet, die ich während der Arbeit in freudiger Erwartung hoch und runter laufen ließ, doch die Aussicht darauf der Papa einer Tochter zu werden erfüllte mich fast noch mehr mit Vorfreude.

Teeparty statt Schlammschlacht

Mein Bruder und ich waren typische Jungs, als wir klein waren. Wenn wir nicht gerade Fußball auf den Waschbetonplatten des benachbarten Garagenhofes spielten, waren wir irgendwo in der Wildnis der umliegenden Parzellen-Gebiete unterwegs und stachelten uns zu immer neuen Mutproben an. Meine Hosen hatten in meiner Kindheit immer aufgebügelte Flicken am Knie. Und meine Ellenbogen waren ständig von verheilenden Schürfwunden übersät.

Die Aussicht einen Jungen zu bekommen bereitete mich innerlich auf die diversen Szenarien vor, die ich als Kind erlebt hatte. Blutend auf dem Fahrrad nach Hause radeln, weil ich wieder viel zu schnell den Deich runtergerast war. Mit geprelltem Arm beim Abendbrot sitzen, weil ich den Ball vom Dach einer Garage holen wollte und beim Sprung vom Dach mit dem Hosenbein hängen geblieben war.

Mir war bewusst, dass ich meinen Sohn nicht beschützen werden könnte, egal was ich tun würde.

Aber auch die ersten Jahre meines Lebens war ich so ein typischer Junge. Mein Spitzname war Oskar, benannt nach „Oskar aus der Mülltonne“ einem Charakter aus der Sesamstraße. Der Höhepunkt meiner Kindheit ist für meine Mutter noch heute der Moment, an dem sie mir die Schalen-Reste eines Schneckenhauses aus dem Mund pulen musste, nachdem ich dieses faszinierende Tier genüsslich von einem Kiesweg aufgesammelt und in den Mund gesteckt hatte.

Mit der Nachricht, dass das Kind im Bauch meiner Frau ein Mädchen war verschwammen diese Bilder und machten Visionen von gemütlichen Teeparties und Theaterstücken vor der versammelter Kuscheltier-Bevölkerung des Kinderzimmers platz.

Zu früh gefreut

So ganz richtig, lag ich mit meinem Sinneswandel jedoch nicht. Lunas aktuelle Lieblingsbeschäftigung ist das Schütten. Sie kann sich stundenlang (auch alleine) mit allem beschäftigen, was mit Wasser zu tun hat. Das hin und her Schütten von Wasser in diverse Gefäße ist hierbei ihr absoluter Favorit. Da Anne und ich in den letzten Jahren die Natur für uns entdeckt haben, kombinieren wir diese Leidenschaft so oft wir können mit unseren Ausflügen. Das hat in der jüngsten Vergangenheit zu diversen Schlammschlachten in Wald-Bächen, am Strand der Elbe oder im Beet unseres Hinterhofes geführt.

Aber das Wühlen im Matsch eskaliert dank des sanften Gemüts meiner kleinen Maus nur sehr selten. Und um ehrlich zu sein, freut sich mein inneres Kind jedes Mal, wenn es einen Grund hat ungeniert im Dreck zu wühlen.

Aller guten Dinge sind zwei

Auch wenn Malin lange ein Geheimnis aus ihrem Geschlecht gemacht hat (sie lag immer „ungünstig“ bei den Ultraschalluntersuchungen). Wusste ich insgeheim, dass ich erneut eine Tochter bekommen würde. Naja, eigentlich habe ich viel mehr gehofft zu wissen, dass Luna eine Schwester bekommen würde. Denn wie Luna und Malin haben auch mein Bruder und ich einen sehr geringen Altersunterschied zueinander. Und meine Kindheit war vom Nacheifern und Spielen mit meinem Bruder geprägt. Mein Bruder wurde zu meiner wichtigsten Bezugsperson und gab mir immer viel Sicherheit. Außerdem können ältere gleichgeschlechtliche Geschwister oft die wichtigsten Fragen des jüngeren beantworten.

Malin wünsche ich das Gleiche.

Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst

Zwar bin ich wohl dem ein oder anderen Drama, das Jungs so mit nach Hause bringen entgangen, jedoch weiß ich ganz genau, dass ich nichts zu lachen haben werde, wenn eine und später dann beide Töchter in die Pubertät kommen. Schon heute kann ich hin und wieder die eine oder andere Anwandlung von Luna nicht nachvollziehen. Anne lächelt dann immer wissend und übernimmt in solchen Situationen das Ruder.

Der Tag, an dem ich vor meiner Tochter sitzen werde und mir denke „Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst“ wird unausweichlich kommen. Ich werde mir dann alle Mühe geben, mit gutem Rat zur Stelle zu sein.

Hoffentlich ist Anne dann in der Nähe.