Geschichten eines Papas


SINGLE
Luna: 2 ¾ J. Malin: 4 M.

Auf dem Basar

Ich war noch nie gut im Verhandeln. Luna irgendwie schon. Ich habe keine Ahnung woher sie das Talent für das Durchsetzen ihrer Interessen hat, doch glaube ich ganz fest daran, dass ich in wenigen Jahren zu einem wahren Trödel-Profi werde, wenn sie weiterhin versucht aus jeder Situation das Beste für sich herauszuschlagen…

Ihr erstes Trinkspiel

Ich weiß noch, wie ich als Kind mit voller Stolz und Hingabe mein Sticker-Album geführt habe. Ich hatte etliche Seiten mit Glitzer-, Leucht- und Plüsch-Stickern, die auf dem Schulhof meiner Grundschule in wahren Tausch-Orgien regelmäßig ihren Besitzer wechselten. Damit haben wir damals viel Zeit verbracht, bis das Sticker-Sammeln nicht mehr angesagt war.

Luna findet Sticker auch klasse. Was sie nicht so klasse findet ist jedoch das tägliche Trinken von ausreichend Wasser. Das finde ich jetzt auch nicht so spannend, aber was sein muss muss nun mal sein.

Als Luna zwei Jahre alt wurde, spielte ich mit ihr ihr erstes Trinkspiel. Mit einem Bogen Sticker ausgestattet setzten wir uns vor ein großes Blatt Papier, bereit es zu bekleben. Ein volles Glas Mineralwasser stand ganz beiläufig daneben. Die Bedingung für das Aufkleben eines Stickers war simpel. Ein Schluck Wasser für einen Sticker. Zwei für die besonders schönen.

Der Handel von einem Sticker gegen einen Schluck Wasser ist bis heute jedoch mein bislang einziger wirklicher Erfolg im ewigen Handelskrieg zwischen mir und Luna.

Bedingungen

Ich muss mittlerweile häufig zu solchen spielerischen Mitteln greifen, denn Luna tut die meisten Dinge nicht bedingungslos. Zum Beispiel werden Brotscheiben häufig nur gegessen, wenn es noch eine extra Scheibe Käse dazu gibt. Auf die Schultern darf sie erst, wenn sie noch bis zur nächsten Ecke selber läuft. Und wenn sie es schafft, nach einem langen Ausflug, bis zu Hause wach zu bleiben, gibt es zwei Gummibärchen.

Das alles sind die Tauschgeschäfte unseres Alltags und an manchen Tagen ist Luna ein zäher Handelspartnerin. Es klingt albern, aber das Verhandeln von Bedingungen ist bei uns schon beinahe zu einer Routine geworden. Ich habe diese Art der Erziehung anfangs verteufelt, weil ich das Konzept von Belohnungen für alltägliche oder selbstverständliche Handlungen, wie das Trinken, Essen oder Bewegen nicht wirklich gelungen finde. Jedoch gibt es einfach Situationen, in denen ein geschickt ausgehandelter Deal am Esstisch viel Zeit und Nerven sparen kann.

Trotzdem graut es mir jetzt schon ein bisschen vor dem Tag, an dem ich mit meiner kleinen Basar-Schönheit um die Höhe ihres Taschengeldes feilschen muss.