Geschichten eines Papas


SINGLE
Luna: 2 ¾ J. Malin: 4 M.

Klaus die Maus

Hin und wieder tue ich Dinge, die ich im Nachhinein bereue. Das sind oft keine grundlegenden Entscheidungen, sondern eher Kleinigkeiten, wie zum Beispiel eine Kiste Klamotten auf den Kleiderschrank zu stellen, die beim nächsten Öffnen der Schranktüren hinunterfällt und den Nacken der eigenen Ehefrau staucht oder das „sanfte“ Bohren in den Badezimmer Fliesenspiegel meiner letzten Mietwohnung. Kleinigkeiten, die aber eine längere Zeit der Reue nach sich zogen. Klaus die Maus ist eine dieser Kleinigkeiten…

Endlich Fantasie

Von Tag 1 bekamen Lunas Kuscheltiere Namen von mir verpasst. Auch wenn die meisten eher wenig kreativ waren, wie Barry der Bär oder Penelope die Pinguin-Dame, überlegte ich mir hin und wieder echte Kracher, wie Malcom Mc Mäh (ein Schaf) oder Sergey der Sorgenfresser (inklusive russischem Akzent). Luna interessierte das eher weniger.

Wenn ich wieder mit einer verstellten Stimme eines der Kuscheltiere zum Leben erweckte und sie zum Beispiel fragte: „kannst du mich mal knuddeln?“, war ihre Antwort meistens so etwas wie „ja Papa!“ und damit direkt an mich gerichtet.

Die Fantasie und das Verständnis für Rollenspiele kam erst nach ihrem zweiten Geburtstag. Und ich stürzte mich mit Begeisterung in immer komplexere Kuscheltier-Charaktere. Mein bisheriges Meisterstück: Konrad das Krokodil, dass von Luna aus dem Nil gerettet wurde und ihr jedes Mal ewig dankbar dafür war, wenn sie wieder mit Duplo-Steinen Ägypten für ihn nachbaute. Luna vertraute Konrad viele Dinge an, die sie mir nicht direkt mitteilen wollte und hörte sogar besser auf ihn, als auf uns, wenn es zum Beispiel um die Aufforderungen zum Zähneputzen oder Trinken ging.

Nahe-liegendes Potential

Nachdem Luna ihre Fantasie entdeckte und ausbaute hatte ich mir schon länger vorgenommen mal ein kleines Puppentheater für sie abzuhalten. Doch hatte ich auf Grund von mangelndem Vertrauen in meine Improvisations-Fähigkeit immer einen Bogen darum gemacht. Dabei besitzt Luna ein Puppenhaus, unzählige Kuscheltiere und kleine Tonie-Figuren von ihrer Tonie-Box.

Es war also nahe-liegendes Potential, dass Anne eines Tages nutzte, als sie Luna ein kleines Bühnenspiel darbot. In der Hauptrolle: Klaus die Maus. Eigentlich ein Reise-Lieder Tonie. Ich hörte ihr schmunzelnd zu, als sie mit den kleinen Figuren ein imaginäres Picknick veranstaltete und Luna voll darauf einstieg. Ich liebe es, wenn einer von uns es schafft, dass sie Feuer und Flamme für etwas ist. Luna blüht dann auf und beschäftigt sich den ganzen Tag mit nichts anderem mehr.

Auch Klaus die Maus schaffte es in Lunas Herz. Und als ich mich dann traute eine Runde „Klaus die Maus geht zum See“ aufzuführen, durfte ich erst nach mehreren Zugaben des gleichen Stückes und nur unter Protest, wieder damit aufhören. Ich hatte eine hohe Stimme für Klaus gewählt. Typisch Maus eben. Und ich hatte begonnen Alltags-Situationen aus der Sicht der kleinen Maus, die Luna nun rund um die Uhr mit sich trug, zu kommentieren. Natürlich mit der, fast schmerzhaften, hohen Stimmlage des kleinen Nagers. Zwei fatale Fehler.

Eskalation

Es sind nun bereits einige Tage vergangen seit denen Klaus die Maus ein Teil unserer Familie wurde. In dieser Zeit habe ich mir (beziehungsweise Klaus) mehrere Bücher von Luna erklären und „vorlesen“ lassen. Natürlich nur mit aufgefordertem Kommentar meinerseits in Mäuse-Stimme. Wurde von Anne aus dem Park angerufen, weil Luna Klaus etwas fragen oder ihm etwas erklären musste. Wobei ich bei Verweigerung der Mäusestimme eine Eskalation ihrer Stimmung provoziert hätte. Auch ist Klaus nicht mehr vom Esstisch oder der Toilette wegzudenken. Hier wird er gefüttert oder muss selbst noch einmal aufs Klo. Auch Zähneputzen ist für ihn Pflicht und Luna wäscht ihm fleißig die Hände. Was oft zu anstrengenden Verzögerungen oder Extra-Würsten im Alltag führt.

Aber weshalb ich Klaus die Maus der Kategorie „hätte man sein lassen können“ wirklich zuordne ist die Tatsache, dass Luna mich nun morgens, so früh sie nur kann, mit den Worten „Papa du musst im Wohnzimmer Puppentheater spielen“ weckt.

Dabei grinst mich Klaus mit einem schiefen Lächeln verspottend aus ihrer Hand aus an.