Geschichten eines Papas


SINGLE
Luna: 2 ¾ J. Malin: 4 M.

50cm wären fair

Jede Familie geht anders mit dem Thema Schlaf um. Bei vielen steht das Familienbett, in dem alle Familienmitglieder gemeinsam die Nacht verbringen, bis die Kinder in ihrem eigenen Bett schlafen wollen, hoch im Kurs. Andere sind froh, wenn sie so schnell wie möglich wieder zur Normalität finden und das Beistellbett endlich aus dem Elternschlafzimmer verschwindet, samt Kind natürlich. Für Anne und mich stand früh fest, dass wir unsere Kinder so lange es geht bei uns haben wollen. Wir gingen sogar so weit ein zwei mal zwei Meter großes Boxspringbett zu kaufen, damit jeder von uns so viel Platz wie möglich bekommen würde. So verwandelten wir unser Schlafzimmer in ein Bettzimmer und bauten, als Malin sich anbahnte, sogar noch eine siebzig Zentimeter breite „Baby-Bay“ an. Zwei Meter siebzig für zwei Erwachsene und zwei Kinder. Mehr als genug Platz, für geruhsame Nächte.

Zumindest in der Theorie.

Wenn sie eine Sache nicht können…

Luna und Malin sind klasse! Malin lernt jeden Tag Neues und auch Luna verblüfft uns mit ihrem wahnsinnigen Wissensdurst. Jedoch kommt diese rasante, mentale Entwicklung mit einem hohen Preis daher. Unsere Kinder sind miserabel, wenn es um die Disziplin Schlafen geht. Bei Malin besteht bei Anne und mir noch Hoffnung, dass sie die Nächte ihrer ersten drei Jahre nicht wie Luna verbringt. Vom Zähneknirschen, das so klingt als ob Luna ihren Mund nachts mit Knochen durchspült, über das Bewegungsmuster eines betrunkenen Octopus, der im Bett seine Schlüssel sucht, bis hin zur morgendlichen Bettflucht, nach gerade mal neun (Kinder brauchen in ihren ersten Jahren normalerweise circa zwölf) Stunden Schlaf, lässt Luna nichts liegen, was zu einem richtig miesen Schlaferlebnis dazu gehört. Da hilft uns leider auch keine Kissenlandschaft, die so manchen Harem aus den Märchen von tausend und einer Nacht vor Neid erblassen lassen würde.

Von Holzfällern und Traumtänzern

Dazu kommt auch noch, dass ich schnarche. Und wir reden hierbei von der Art Schnarchen, bei der die Verzweiflung der Umliegenden in den Schlaf zu finden teilweise so groß wird, dass ich entweder mit blauen Flecken oder alleine im Bett aufwache, sollte ich die Nacht nicht in einer seitlich liegenden Position verbracht haben. Ach so, ich träume übrigens auch intensiv. Manchmal sind diese Träume so real und verwirrend, dass ich schon mal mitten in der Nacht beginne am Kopfende des Bettes zu wühlen, weil ich geträumt habe Luna wäre dort in die zwei Zentimeter breite Spalte zwischen Matratze und Kopfteil gefallen. Bis ich dann auf die Logik meines eigenen Verstandes oder die ruhigen Worte von Anne reagiere, können schon mal Besorgnis erregende Minuten verstreichen.

Eine logische Konsequenz

Solange diese Faktoren, zu denen der (nicht vorhandene) Schlafrhythmus eines Neugeborenen hinzukommt, dafür sorgen, dass Anne keinerlei Chance auf nächtliche Erholung hat, betrachte ich das Familienbett zunächst nur noch aus der Ferne. Also vom anderen Ende des Flurs. Aus dem Kinderzimmer, in dem wir ein Bett, zunächst für Gäste und später für Luna aufgebaut haben. Mit ein mal zwei Metern fällt meine temporäre Schlafstätte dazu glücklicherweise recht großzügig aus. So bin ich derjenige von uns Vieren, der am meisten Schlaf bekommt.
Beziehungsweise war ich der derjenige.

Du nicht!

Seit vier Tagen reicht es Luna! Malin ist immer noch mehrere Male in der Nacht wach und erwacht dabei oft weinend. Mama hat zu allem Überfluss auch noch angefangen hin und wieder zu schnarchen. Und wo steckt eigentlich Papa, wenn man morgens Lust zum Spielen hat?

Seit vier Tagen bringe ich Luna nun ins Bett. Also in mein Bett. Beziehungsweise ihr Bett. Ins Kinderzimmer halt. Anne darf das nicht mehr. Hier greift unser Ansatz der Bedürfnisorientierten Erziehung, denn Luna darf sich aussuchen, wer sie abends ins Bett bringt. Und seit vier Tagen ist die Antwort, die Anne von ihr zu hören bekommt: „Du nicht!“

Ich finde das nicht schlimm. Ich glaube aktuell steht unser „Ins-Bett-Bring“-Verhältnis ungefähr achtundsechzig zu tausend zu Annes Gunsten. Wobei ich Luna bestimmt nicht achtundsechzig mal alleine ins Bett gebracht habe, sondern häufig nur die Vorarbeit leistete, bis sie nach ihrer Mama verlangte. Ganz alleine habe ich Luna bestimmt erst zehn Mal ins Bett gebracht.

Fast zwei Meter

Ich bin kein kleines Exemplar meiner Gattung. Und dennoch brauche ich Nachts lediglich Platz in die Tiefe. Auf der Seite schlafend habe ich schon ganze Nächte, von Luna vehement an die Wand gedrückt, auf circa dreißig Zentimeter Liegefläche verbracht.

Diese Eigenschaft kommt mir aktuell zu Gute, denn Luna möchte nicht alleine im Kinderzimmer schlafen. Noch nicht. Und so teile ich mir nun seit vier Nächten mein temporäres Nachtlager mit meiner zwei jährigen Tochter. Bis sie nicht mehr neben mir aufwachen und alleine schlafen will.

Solange begnüge ich mich mit dreißig Zentimetern Liegefläche. Auch wenn fünfzig Zentimeter fairer wären.