Geschichten eines Papas


SINGLE
Luna: 2 ¾ J. Malin: 5 M.

Ich kann das alleine!

Was ist nur in deinem hübschen, kleinen Köpfchen los Luna? Ich habe das Gefühl mich auf Eierschalen zu bewegen. Ach was, ich fühle mich wie ein Mitglied des Kampfmittelräumdienst. Ständig muss ich neue Bomben entschärfen, die du mir so bereitwillig in den Weg legst. Scheitere ich, explodiert die Bombe. Oder besser gesagt: dann explodierst du…

Jetzt ganz vorsichtig!

Vor meinem inneren Auge zischt die Zündschnur. Du stehst vor mir und deine Augen füllen sich bereits mit Tränen. Deine Stimme zittert und ich fürchte, dass du gleich weinend zusammenbrichst. Dabei war der Auslöser mal wieder eine kleine Unachtsamkeit meinerseits. Denn frage ich dich nicht nach deiner Erlaubnis, darf ich dir aktuell in keiner Lebenssituation unter die Arme greifen. Dieses Mal, war es der Klodeckel, den ich unbedacht und völlig selbstverständlich für dich hochgeklappt habe.

„Aber ich wollte das doch machen Papa…“, quengelst du. Dabei schaust du mich aus deinen todtraurigen und bereits feuchten Kinderaugen an. Deine Mundwinkel verzerrt, bereit für einen Gefühlsausbruch.
“Verdammt! Die Zündschnur brennt… Jetzt ganz vorsichtig!“, denke ich und schließe den Deckel wieder, mit den Worten: „ach du wolltest das machen? Entschuldige, das wusste ich nicht.“ Natürlich wusste ich das. Drei Jahre alt zu werden scheint nicht einfach zu sein, das habe ich mittlerweile gelernt.
“Ja, ich kann das doch schon alleine!“, belehrst du mich zufrieden und hebst demonstrativ den Klodeckel selber wieder hoch.

Puh… „Bombe entschärft! Fürs erste jedenfalls…“, denke ich erleichtert und beginne meinen Fragenkatalog: „darf ich dir deinen Sitz drauflegen? Soll ich dich in Ruhe lassen, oder soll ich hier bei dir bleiben? Willst du dich mit oder ohne Fußhocker hinsetzen?“ Und so tanzen wir durch die Eierschalen. Immer darauf bedacht, die Zündschnur nicht wieder zu entfachen.

Aller Anfang ist schwer

Diese Art der Kommunikation musste ich jedoch erst lernen. Mein Schlüssel dabei; Geduld und Verständnis. Anfangs erwischten mich diese Situationen jedoch eiskalt. Half ich dir zum Beispiel auf ein Klettergerüst, in dem ich dich ungefragt hochhob, war der Tag auf dem Spielplatz erstmal gelaufen. Zog ich dir die Schuhe an, ohne vorher zu fragen, ob du das selbst machen möchtest, verschob sich ein Ausflug auf unbestimmte Zeit.

Ich stand dann immer völlig vor den Kopf gestoßen neben dir. Versuchte herauszufinden, was ich denn falsch gemacht hatte. Dabei warst du jedoch in deiner Verzweiflung nicht immer ansprechbar. Auch Annes fragende Blicke halfen mir am Anfang auch nicht wirklich weiter. Jedoch erkannte ich schließlich das Problem. Dein Drang nach Selbständigkeit und dein Selbstbewusstsein, die Dinge bereits alleine zu können, standen plötzlich völlig unbefriedigt im Raum. Wie sehr dich das in einen Zustand absoluter Frustration katapultierte, hatte ich in meiner Naivität komplett unterschätzt. Auch Papa zu sein, ist manchmal alles andere als ein Selbstläufer.

Heute weiß ich; drei Jahre alt zu werden ist nicht leicht. Aber, wie du mir bereits mehrfach bewiesen und versichert hast, schaffst du das schon ganz allein. Wenn ich darf, helfe ich dir dabei, so gut ich kann. Verzeih mir bitte, wenn ich jedoch hin und wieder vergesse dich zu fragen. Und entschuldige, dass deine Mama und ich manchmal hinter deinem Rücken, über deinen Eigensinn, lächelnd mit den Augen rollen.